Sonntag, 1. Mai 2016

Die Güte verwirrt die Weisheit

Absolute Schönheit kann nicht definiert werden, sie existiert außerhalb jeder Beschreibung. Und sie kann auch nicht besessen werden. Derjenige, der weise ist, liebt das Schöne, ohne es zu besitzen – er lebt es einfach. Er definiert nicht Dinge und Geschehnisse nach dem, was sie sein sollten, sondern nach dem, was sie sind. Er erkennt das Schöne, auch wenn es sich nicht offensichtlich zeigt.

Genau so geht der Bildhauer vor. Es entdeckt zuerst die versteckte Schönheit im Stein. Dann beginnt er mit seinen Werkzeugen den Stein von allem, was nicht der Wahrheit entspricht, die er sucht, zu befreien. In seiner Arbeit geht er auf, indem er fühlt. Nicht seine Hände enthüllen das Gefühlte – sie sind nur seine Werkzeuge: Sein Herz ist am Werk.

Derjenige, der weise ist, lässt sich immer Zeit für sein Vorgehen. Er macht eine Sache nach der anderen, auch wenn er weiß, dass im Universum alle Dinge gleichzeitig geschehen. Er vergleicht sich nicht und setzt sich nicht unter Druck. Auch bei Abgabeterminen hat er die Zeit, die er benötigt, weil er sich an die Zeit anpasst. Damit gestaltet er den Rhythmus, den sein Werk zum Entstehen benötigt.

Seine ständige Suche ist die Güte. Er macht sie zu seiner Anziehungskraft. Er weiß, dass der Weise den Narren durcheinanderbringt, obwohl er nicht das Bedürfnis hat, es auszunutzen. Er weiß aber auch, dass der Gütige wiederum den Weisen durcheinanderbringen kann. Und auch der Gütige lässt zu, dass der Weise seinen Rhythmus findet, um es zu verstehen.

Die Wahrheit, die Weisheit ist, ist ein Wagen, der, um sich zu bewegen, von der Güte gezogen werden muss. Und auch die Güte untersteht dem Gesetz des Rhythmus. Der Weise, der gütig ist, hat sich bemüht, das Geheimnis seines eigenen Rhythmus zu enthüllen.